Mittwoch, Januar 19, 2011

stranded horse - humbling tides (2011)

„humbling tides“ heißt das neue album yann tambours. es ist das erste, welches er unter dem moniker stranded horse veröffentlicht, nachdem er bereits „churning strides“ in 2006 als thee, stranded horse herausbrachte und unter encre mehrere releases sein eigen nennt. tambours popularität, wenn man es so nennen darf, wenn man als musiker ein wenig anerkennung findet, die sich u.a. in der zusammenarbeit mit talitres/rough trade niederschlägt, speist sich aus zweierlei. zum einen ist es die kora, die der franzose als vordringlichstes, als zentral platziertes instrument bedient. zum anderen ist es natürlich die musik, die er daraus hervorzaubert. sie ist selbstverständlich an der region orientiert, in der dieses ungewöhnliche holz beheimatet ist, west afrika (mit einem der aktuell wichtigsten vertreter ballaké sissoko teilte er bereits die bühne), aber sie zielt noch mehr darüber hinaus. mittelalterliche folklore, chanson bis hin zur ausgereiften gitarrentechnik lassen sich vermengt finden. die homogenität des ergebnisses ist tambours originalität geschuldet, einem auf den ersten blick wagnis freien unterfangen, auf den zweiten aber sublime experimentfreudigkeit preis gebend. im opener „and the shoreline it withdrew with anger“ treffen wir auf den zwiegesang von kora und gitarre, hier der flinke ambiente wohlklang, dort der tieftönende bassanstrich, tambours narrativen gesang ergänzend. helle klangfarben spiegeln ein erstes bild, eine erste ahnung von den wassern, die sich dieser musik bereits zum benetzen müder augen dienstbar zeigten „shields“ orientiert sich an englischer folklore und mustert sich in poprührigkeit. streich- und gitarrenensemble in verwobener kollektion. ein feinsinniger wie zurückhaltender track, der sich im abgang erneut der kora besinnt und so dem lied seine ureigene kennzeichnung verleiht.

in „les axes déréglés“ folgt der troubadour der sprachlichen vorgabe des titels und schwingt im schatten des leichtfüssigen und beschwingten songs in frankophiler ernsthaftigkeit. immer zum hypnotischen tendierend findet sich in jedem lied eine eigene form des sich sammelns und des konzentriert seins. kein beiläufiges stammeln stört das ausufernde moment. „they've unleashed the hounds for the wedding“ ist eine liquide mixtur aus weird folk, ambient und romantischer liebkosung. der hörer bleibt auf distanz, spätestens wenn er nach fünf ein halb minuten vom emotional angegriffenen gesang überrascht wird und dessen einordnung nach zahmem vorspiel schwerfällt. ein rätsel unter anderen. „joiting moon“ beginnt im schlichten blueskleid und rinnt hin zu kreiseln. mit mehr als sieben minuten episch angelegt, zieht es immer wieder neue register, die die aufmerksamkeit fordern. tempoverschärfungen und kontrolle, hall und widerhall. musik die der limitiertheit tambours gesang sehr entgegenkommt. ein treues miteinander in „le bleu e l'ether“ von kora und gesang, ein cello weitet den blick. „what difference does it make“ kehrt zur forciertheit klassischer songstruktur zurück und weiß doch um die echtheit der kehrtwende, der erzählerischen brisanz und dramaturgischen detaillierung. sorgsam zelebriert die gitarre das thema, flinkes picking, stimmliche tiefgründigkeit, die an bert janschs timbre erinnert. kognition versus sentiment. lieblich zuweilen. „halos“, das knapp elf minuten monument, nimmt am ende des albums eine exponierte stellung ein. wer bis hierher gast geblieben ist, wird ausreichend neugier geschöpft haben, um den weltenzauber, der kontinente, der fremde musikalische linien miteinander verbindet, weiter zu verfolgen und wird belohnt mit unverwechselbarer schönheit. klassisch gemahnend, in moderne montur gwandet. die kora vital und aus unermesslichem reichtum schöpfend. heute: ***1/2.
"humbling tides" erscheint am 24.01.11 via talitres / rough trade.
01 March Café De La Danse Paris, France

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